Das sanfte Surfen in den jhanas

Vortragsreihe „Meditation“ Teil XVI
von Horst Gunkel bei Meditation am Obermarkt
zuletzt geändert am 17. Februar 2021

Was sind die jhanas?

Die jhanas (Meditative Vertiefungen) beschreiben die eigentliche Meditation, also die Meditation, in der die Hindernisse, auch die subtilen, überwunden sind.

Die klassische Einteilung spricht von den Vertiefungsfaktoren in den rupa jhanas, und zwar folgendermaßen:

im 1. jhana


Citt´ekagatta ist das konstituierende Merkmal aller jhanas, es beschreibt die Tatsache, dass die Hindernisse überwunden sind. Das Meditationsobjekt ist nicht nur im Fokus unserer Achtsamkeit, auch in die Breite unseres Gewahrseins dringen keine konkurrierenden Objekte mehr ein. Die ersten beide Faktoren sind notwendig, wann immer es ein Meditationsobjekt hat. Ganz wichtig sind auch die beiden freudvollen Faktoren, die nicht von alleine entstehen, sondern von uns gefördert werden müssen, was bedeutet, dass wir die Bedingungen schaffen müssen, dass sie entstehen.

Ob dieses Meditationsobjekt dabei gedanklich betrachtet wird, oder ob wir dessen lediglich Gewahr sind, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Meditationslehrer, die von der Anwesenheit des Denkens ausgehen sprechen daher bei dem, was ich „Erfassung des Meditationsobjektes“ nannte, vom „Gedankenfassung“ und bei dem, was ich als „Verweilen beim Meditationsobjekt“ bezeichnete von „diskursivem Denken“. Andere hingegen vertreten die Auffasssung, dass hier keine Aktivitäten des Denkens mehr stattfinden, daher habe ich mich für die Bezeichnung „Erfassung des Meditationsobjektes“ bzw. „Verweilen beim Meditationsobjekt“ entschieden. Mir persönlich erscheint diese Unterscheidung nicht sehr hilfreich, sie führt nämlich m. E. zu Konzepten und weg vom spielerischen Umgang mit Meditation, der bereits im Titel meines Vortrages „Das sanfte Surfen in den jhanas“ zum Ausdruck kommt. Ich möchte jedoch zunächst noch die anderen rupa jhanas beschreiben.

Im Fokus steht im zweiten jhana unser Empfinden, das von piti, Verzückung, geprägt ist. Das ursprüngliche Meditationsobjekt hatte vor allem die Funktion, zur Einspitzigkeit, zur Konzentration, zur Sammlung zu führen. Insofern verschwinden die beiden Faktoren „Hinwendung zum Meditationsobjekt“ und „Verweilen beim Meditationsobjekt“.

Mit dem Übergang zum 3. jhana fällt die ekstatische Emotion weg, es tritt also eine gewisse Beruhigung ein, sodass jetzt die positiven Emotion (sukkha) in den Fokus rückt. Aber auch die Tendenz hin zum Gleichmut ist da.

Im 4. jhana entwickelt sich der zusätzlich Gleichmut (upekkha) zum bestimmenden Faktor. Dieser Gleichmut ist keine Gleichgültigkeit, denn er wird getragen von unserer positiven, mettagetränkten Einstellung, ist jedoch das vollkommene Akzeptieren des Entstehens in Abhängigkeit von Bedingungen. Wir sehen nunmehr, dass das, was geschieht, in Abhängigkeit vieler Bedingungen entsteht. Es tritt jedoch kein Fatalismus auf, da wir wissen, dass wir, sobald wir uns vom reinen Reiz-Reaktionsschema gelöst haben, selbst in der Lage sind einige der Bedingungen zu schaffen, durch die wir die Geschehnisse beeinflussen können.

Hören wir, wie poetisch der Buddha das Surfen im zweiten jhana beschreibt:

Weiter sodann: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von Sinnen, von Gedenken freie, in der Einigung geborene selige Verzückung, die zweite Vertiefung. Diesen Leib durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit der in der Einigung geborenen seligen Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Verzückung ungesättigt bleibt.

Gleichwie etwa, ein See mit unterirdischer Quelle, in den sich kein Bach ergösse, keine Wolke mit tüchtigem Regen darüber hinwegzöge, in welchem nur die kühle Quelle des Grundes emporwellte und diesen See völlig durchdränge, durchtränkte, erfüllte und sättigte, so dass nicht der kleinste Teil des Sees von kühlem Wasser ungesättigt bliebe: ebenso auch durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib mit der in der Einigung geborenen seligen Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Verzückung ungesättigt bleibt.

Wer Meditation so beschreibt, für den kann es nur einen zwar von Bemühen getragenen, aber spielerischen und freudigen Ansatz geben. Ja, es gibt diese Stufen, aber sie sind keinesfalls so schematisch, wie das in einer Tabelle aussieht, die Übergänge sind fließende und sie entstehen, dadurch, dass wir die Bedingungen für diese Übergänge schaffen.

Sehr hilfreich finde ich inzwischen auch die Ausführungen im Gleichnis von der Elefantenspur (M 24,21):

"Wiederum tritt ein Bhikkhu mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit, in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen sagen: 'Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist', und verweilt darin...."

Als ich dies das erste Mal las, war ich erschrocken: hat der Buddha (oder derjenige, der ihn hier zitiert) jetzt etwas durcheinandergebracht? Was soll denn der Gleichmut schon in der dritten Vertiefung? Der gehört doch erst in die vierte!

Wenn wir uns das genau ansehen, dann wird deutlich, dass nicht nach dem zweiten jhana die Verzückung ausgeknipst wird und mit dem Beginn des vierten jhana der Gleichmut angeknipst wird. Es wird deutlich, dass diese jhanas nicht völlig verschiedene Ebenen sind, sondern ein fließender Prozess. Die Verzückung verblasst vielmehr mit dem allmählichen Aufsteigen der dritten Vertiefung und das Gefühl von sukha, von Glückseligkeit, das vorher schon vorhanden war, kommt in der dritten Vertiefung zu vollständiger Reife, es wird zu „voll körperlich erlebter Glückseligkeit“. Und was sagt der Buddha dann über die vierte Vertiefung?

M 24,22. "Wiederum tritt ein Bhikkhu mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, in die vierte Vertiefung ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin.“

All diese jhanas sind Prozesse, sind Geschehnisse, die in der Meditation in Abhängigkeit von Bedingungen, die wir selbst aktiv gestalten, entstehen. Dies zu erreichen ist nicht einfach, wir dürfen es aber auch nicht verbissen angehe.

Der mittlere Weg ist es, bestimmt gegen die Hindernisse zu agieren, aber ansonsten sanftes Surfen statt verbissenem Bemühen zu üben.

Die erste Vertiefung

Sehen wir uns in folgenden an, wie sich die jhana-Faktoren meiner Erfahrung nach anfühlen .

In der ersten Vertiefung sollen bekanntlich

vorhanden sein.

Unter Hinwenden verstehen wir, uns auf das Meditationsobjekt auszurichten, also z. B. den Atem oder metta zu fokussieren. Die müsste in der dhyana-Mediatation eigentlich ein kurzer einmaliger Akt sein. Häufig jedoch verlieren wir das Objekt aus dem Fokus, dann ist erneutes Hinwenden notwendig. In dieser Phase kann man natürlich nicht – oder noch nicht – von Vertiefung sprechen. Dennoch kann das auch erfahreneren Meditierenden passieren. Dann ist nicht alles verloren. Stelle einfach fest, da war ein Hindernis und komme zum Meditationsobjekt durch erneutes „Hinwenden zum Meditationsobjekt“. Aber erst von dem Moment an, wenn dies nicht mehr geschieht, kann man – möglicherweise – von einem jhana sprechen, wir wissen allerdings, die anderen Faktoren müssen auch vorhanden sein und die sehen wir uns jetzt an.

Wenn das Meditationsobjekt nicht mehr verloren geht, haben wir auch den zweiten Faktor „Verweilen beim Meditationsobjekt“ realisiert.

Wichtig ist nun, dass die beiden freudvollen Faktoren auftreten: Verzückung und Glückseligkeit. Diese erscheinen nicht von allein, dafür musst du die Bedingungen schaffen. Der Begriff „bhavana“ bedeutet, „Bedingungen schaffen, dass etwas entsteht“. In der metta bhavana machen wir dies in der zweiten Phase, indem wir das Bild einer sehr positiv besetzten Person vor unserem geistigen Auge erscheinen lassen. Stell dir vor, diese Person würde gerade überraschend zur Tür hereinkommen, so würde dich bei ihrem Auftreten Glück und Verzückung durchströmen. Ich nenne jetzt einige Beispiele, vielleicht ist da eine dabei, bei deren Auftreten du von piti und suikkha durchströmt würdest: Sangharaksita, der Dalai Lama, Leonhard Cohen, Paul Mc Cartney, Greta Thunberg, Ayya Khema, Brad Pitt, Papst Franziskus, Angela Merkel, Hildegard von Bingen. Ich denke in diesem Sammelsurium war eine oder zwei Personen, bei denen du wirklich begeistert wärest, wenn sie plötzlich zur Tür hereinkämen. Also: schon durch leichtes Anknipsen dadurch, einfach eine Person vor deinem geistigen Auge erscheinen zu lassen, ist das Auftreten von piti und sukha möglich.

Mir persönlich hilft es in der Atembetrachtung, mich einfach zu freuen, dass ich frei atmen kann. Hintergrund davon, ist, dass ich als starker Heuschnupfer und jemand der durch Luftver­schmutzung heftigste Kopfschmerzen bekommt, früher sehr häufig darunter litt, und dass „atmen können“ zur Qual wurde. Wie herrlich, heute jede Menge saubere Luft zur Verfügung zu haben. Ich brauche nur zu denken: Geil, ich kann mühelos frische Luft atmen! Und schon kommen piti und sukha auf. Das waren jetzt Beispiele, die für mich funktionieren. Welche für dich funktionieren, musst du selbst herausfinden. Es ist herrlich, einfach den richtigen Tricker zu finden, und so beliebig piti und sukha einschalten zu können. Und sag nicht, bei dir würde das nicht funktionieren. Ich bin überzeugt davon, dass du bei deinen sexuellen Phantasien genau herausgefunden hast, was in dir Verzückung auslöst. Diese Fähigkeit musst du dir nur für deine Meditation zu Nutze machen – allerdings mit für die Mediation angemessenen Sinneseindrücken!

Noch etwas zum Unterschied von piti und sukha. Piti ist eine Empfindung, sukha eine Emotion. Piti verhält sich zu sukha wie Verliebtheit zu einer langen glücklichen Beziehung. In der ersten Vertiefung ist piti der bestimmende Faktor, sukha ist demgegenüber meist nur schwach entwickelt. Für erfahrene Meditierer ist daher die erste Vertiefung häufig nur ein kurzes Durchgangstor. Es gibt aber auch Leute, denen genau dieses piti so gut gefällt, dass sie eben deswegen Meditieren, weil sie immer wieder dieses ekstatische Gefühl erleben und ausleben möchten. Wenn das so ist, kann dies zu einem Hindernis auf dem Pfad werden.

Bleibt noch zu sagen, dass der fünfte Faktor, die Einspitzigkeit, bedeutet, dass das Meditationsobjekt punktgenau im Fokus bleibt. Dies ist wohl auch der Grund, warum wir bei den Vergegenwärtigungen des Atems in der vierten Phase den Fokus auf einen Atempunkt legen und uns lediglich in der Breite unseres Gewahrseins, des gesamten Atemprozesses gewahr sind.

Wenn ich als Titel „sanftes Surfen in den jhanas“ ansprach, dann nicht zuletzt deshalb, weil für mich das Gefühl der Glückseligkeit viel befriedigender ist als die Verzückung. Ja, sie ist schön, aber ich nehme diese aufbrausende piti-Welle eigentlich nur um Schwung zu bekommen für das sanfte Surfen auf dem Ozean der Glückseligkeit.

Die zweite Vertiefung

In der zweiten Vertiefung fallen die Hinwendung und das Verweilen beim Meditationsobjekt weg. Eigentlich ist das Hinwenden bereits zu Beginn der ersten Vertiefung abgehakt. Die Einspitzigkeit bedeutet jetzt, dass wir weiter Verweilen können ohne jeden Gedanken. Das Plappern des Geistes, das neuronale Geschwätz, alles papanca, ist jetzt aus unserem Bewusstsein verbannt.

Die Verzückung verschwindet allmählich, sie geht zurück, sie ist in der Peripherie noch irgendwie vorhanden, während sich sukha voll entwickelt, in den Fokus tritt, eigentlich zum Meditations­objekt wird. Dabei ist diese Glückseligkeit metta-durchtränkt, ein unpersönliches metta, nicht wie in den ersten vier Stufen der metta bhavana.

Sorgen sind jetzt irrelevant, diese beziehen sich aufs Gestern oder auf das Morgen. Jetzt ist Glückseligkeit. Und wenn ich vorher von der Welle der Verzückung sprach, die Kraft für das sanfte Surfen gibt, so wird auch deutlich, dass es für mich wichtig ist, den Schwung von piti aus der ersten Vertiefung für das sanfte Surfen im zweiten jhana eine Zeitlang zu nutzen, unabhängig davon, ob noch in diese Mediationsphase oder erst bei einer anderen Sitzung weiteres in Angriff genommen wird. Diese andauernde Erfahrung von sukha ist das, was Kraft gibt. Kraft sowohl zum möglichen Weitersurfen als auch Kraft für unser Erleben außerhalb der Meditation. Die Wirkung dieser Glückseligkeit beeinflusst unser Handeln und sie bringt Selbstvertrauen.



1. jhana
2. jhana
3. jhana
4. jhana
Hinwenden
ist noch da
ist weg
ist weg ist weg
Verweilen
zentrale Aufgabe
entfällt
ist weg ist weg
Verzückung
erblüht
geht zurück
entfällt ist weg
Glückseligkeit
entsteht
erblüht
wird ruhiger
ist weg
Einspitzigkeit
ganz wichtig
ganz wichtig ganz wichtig ganz wichtig
Gleichmut
 nicht da
nicht da entsteht
erblüht

Die dritte Vertiefung

In der dritten Vertiefung ist das Entzücken, das bereits im 2. jhana geschwächt war, ganz verschwunden. Dafür sind Achtsamkeit und Bewusstheit hier eher noch stärker, was sich in der Einspitzigkeit ausdrückt. Die Glückseligkeit bekommt jetzt, wo die Verzückung verschwunden ist, einen etwas anderen Geschmack: sie wird zu einem Empfinden von mehr Tiefe und Boden­ständigkeit, zu Zufriedenheit, zu Erfülltsein, zu wunschlosem Glücklichsein, sie ist von passadhi durchdrungen. Es entsteht eine Zufriedenheit, die Ausdruck gestillter Glückseligkeit ist.

Außerdem tritt bereits hier, in der dritten Vertiefung, Gleichmut auf, was ich eingangs schon erwähnte. Wir sind aufgrund unserer Gestilltheit nämlich gleichmütig gegenüber den acht weltlichen dhammas, den weltlichen Winden (also Gewinn und Verlust, Freude und Leid, Ruhm und Schmach, Lob und Tadel) – allerdings nur für die Zeit in der wir in der Vertiefung weilen. Durch wiederholte Übung des dritten jhanas werden die weltlichen dhammas jedoch auch außerhalb der Meditation allmählich geschwächt, was sowohl unser sraddha stärkt als auch zu einer gewissen Läuterung in unserem alltäglichen Verhalten führt.

Die dritte Vertiefung

Das Erreichen der vierten Vertiefung halte ich für schwieriger. Die ersten drei bilden gewissermaßen eine Einheit, und wenn wir sie häufiger geübt haben und relativ mühelos erreichen, können wir von einer Vertiefung zu einer anderen surfen und müssen nicht notwendigerweise alle der Reihe nach durchlaufen. Meine persönliche Ansicht ist, dass dieser Übergang leichter ist, wenn wir bereits genügend Erfahrung mit upekkha haben. Dies wiederum setzt ein häufiges Üben der brahma viharas und damit eben auch der upekkha bhavana voraus.

In der vierten Vertiefung verschwindet die Glückseligkeit, sie wird ganz einfach nicht mehr gebraucht, statt dessen breitet sich das aus, was sich bereits in der dritten Vertiefung etablierte: Ruhe, Stille. In dem Maße, in dem die Emotion sukha sich zurückzog konnte sich Gestilltheit ausbreiten. Jetzt ist es unsere Aufgabe, diese Tatsache zu vertiefen. Das können wir ganz wörtlich nehmen, es kann sich so anfühlen, als wenn wir in die Tiefe sinken, uns mit der Erde, unserer Mutter, vereinen. Das Ich-Gefühl weicht einem sich allmählich vertiefenden Empfinden einer Interdependenz, einem ersten Schritt zum Wissen um die Alleinheit. Wir durchschreiten die Pforte vom Wechselbad aus Frohsinn und Trübsinn zum Reich des Gleichmuts. Ist erst einmal das Ego überwunden, so ist auch dukkha besiegt. Wir bekommen so einen ersten Eindruck von dem, was Befreiung, was Erwachen ausmacht.

Durch das Üben der vierten Vertiefung etabliert sich auch Stabilität, ja letztlich Unerschütterlichkeit. Ich bezeichne dies als das Aksobhya-Syndrom der Meditation. So wie ich den Eindruck habe, in der Erde zu versinken und danach unerschütterlicher bin, so zeigt Aksobhya die Erdberührungs­geste und weist dadurch daraufhin, wie man Unerschütterlichkeit erreicht.

Noch einige kleine Anmerkungen zur vierten Vertiefung

  1. Gleichmut ist keine Gleichgültigkeit, keine Wurstigkeit, denn sie beruht auf und beinhaltet die anderen drei brahma viharas: metta, karuna und mudita; daher sollte man mit diesen Meditationen ausreichende Erfahrung haben, bevor man versucht, bis ins vierte jhana zu gelangen.

  2. Wir erfahren im vierten jhana eine ganz tiefe Ruhe, allerdings freut uns das nicht und natürlich ärgert uns das auch nicht, denn wo Gleichmut herrscht ist die Dualität von Freude und Leid aufgelöst. Es freut uns während der Meditation nicht, wir können und werden es selbstverständlich in der Reflexion nach der Meditation gut finden, denn es ist ein wichtiger Schritt auf unserem Pfad.


Die folgenden Abschnitte sind dazu da uns klar zu machen, was darüber hinaus noch erreichbar ist. Der Buddha hat in zahlreichen Lehrreden darauf hingewiesen. Daher erscheint auch mir es sinnvoll hier einen kleinen Ausblick zu geben. Wenn wir dies beherrschen, können wir wirklich sanft in den jhanas surfen.


Die 5. Vertiefung - Raumunendlichkeitsgebiet

Die ersten vier Vertiefungen heißen feinkörperlich, weil sie eine Verbindung zu unserem materiellen Leben haben, aber eben verfeinert. Nunmehr wenden wir uns den formlosen Vertiefungen zu.

Dabei muss uns klar sein, was Meditation ist: Meditation ist Konzentration, Meditation ist Einspitzigkeit.

Vorbedingung für das 5. jhana sind Einspitzigkeit und Gleichmut; hierauf wird aufgebaut. Nunmehr kommt die Überwindung der Formwahrnehmung und der Sinneneinwirkungen hinzu, denn der unendliche Raum beinhaltet definitionsgemäß keinerlei Gegenstände, daher sprechen wir von „formlosen Vertiefungen“.

Während die 4. Vertiefung in die Tiefe ging, vermittelt die 5. eher das Gefühl in die Höhe und Weite zu gehen. Aber auch hier ist Einspitzigkeit unabdingbar. Als Hilfsmittel kann hierbei dienen unser Gewahrsein auf die verschwommenen Grenzen unseres Körpers zu richten und von dort in die Weite zu gehen. Man könnte auch versuchen, sich zunächst noch eine Landschaft vorzustellen und dahinter den Horizont, von wo aus man dann über diesen hinausgeht. Möglich wäre es auch die Wolken zu visualisieren und dann wie im Flugkörper darüber hinauszugehen. Bei dieser Meditation haben wir uns selbst aufgelöst, was bedeutet, wir und der unendliche Raum sind nicht zwei, sondern eines. Wir müssen damit leben können, dass unser separates Ich, unsere Person nicht existiert, wir machen den bewussten Schritthin zur Non-Dualität.

Unabdingbar ist dabei, dass wir uns von unserem Körper, von unseren Vorstellungen lösen können. Das ist ein Tor zur Nondualität. Die Wirklichkeit ist nämlich: wir befinden uns immer im unendlichen Raum und jedes bewusste Wesen ist durch sein Bewusstsein grenzenlos.


Die sechste Vertiefung - Das Bewusstseinsunendlichkeitsgebiet

Ein fünffacher Meister der Meditation kann

Die Raumunendlichkeit war bereits äußerst subtil, dennoch muss man zugestehen, dass der Raum etwas Körperliches ist und dass er damit zur materiellen Welt gehört. Der Raum, die Quintessenz, die die anderen vier Elemente /Erde, Wqasser, Wind und Wärme) enthält, ist die Vorbedingung dafür, dass es Materie geben kann, denn Materie kann es nur geben, wenn sie Raum hat, um darin zu existieren.

In diesen Vertiefung geht es darum, diesen leeren Raum loszulassen. Das bedeutet, dass wir bei jeder Meditation das Gröbere zugunsten des Feineren loslassen.


1. Vertiefung: primäres Meditationsobjekt --> Verzückung --> Glückseligkeit
2. Vertiefung: Verzückung --> Glückseligkeit
3. Vertiefung: Glückseligkeit --> Gleichmut
4. Vertiefung: Gleichmut --> tiefer Ruhe
5. Vertiefung: tiefe Ruhe --> unendlicher Raum
6. Vertiefung: unendlicher Raum --> unendliches Bewusstsein

Wir können diesen unendlichen Raum nur erkennen, wenn ein Bewusstsein da ist, um ihn zu erkennen. Und nun lassen wir eben den Raum wegfallen und richten unser einspitziges Gewahrsein auf das Bewusstsein selbst. Da dieses den unendlichen Raum erfassen konnte, muss es selbst unendlich sein. Dabei nutzen wir – ähnlich wie in der 5. Vertiefung unsere Fähigkeit zur Ausdehnung. Das Bewusstsein ist hierbei die Wahrnehmung und es hat die Empfindung der Unendlichkeit. Das wahrnehmende Bewusstsein umfasst alles Existierende, was für Christen bedeutet: auch Gott. Damit ist das Phänomen der unio mystica, der Verschmelzung mit dem Transzendenten, das die Mystiker anstreben, erklärt.

So wie wir in der fünften Vertiefung unsere Körpergrenzen aufgehoben haben, heben wir jetzt die Grenzen unseres Bewusstseins auf. Nur wenn wir das erfahren haben, sind wir in der Lage unser Ich wirklich loszulassen, daher ist das Erleben dieser Meditation so wichtig. Aber erst in der an die Meditation anschließenden Reflexion erkennen wir das Erlebte, was einmal mehr deutlich macht, warum diese abschließende Reflexion, diese Kontemplation so wichtig ist.

Jeder unserer Gedanken geht ins unendliche Bewusstsein ein – und ist damit im Prinzip jedem anderen zugänglich. So Erkennen wir die Tatsache und nicht nur die Idee des universellen Bewusstseins.


Die siebte Vertiefung – Das Nichtsheitsgebiet

Vollkommene Ruhe, wie bekomme ich das hin? Wenn ich als Kind einen Albtraum hatte, lief ich zum Fluss, spramg hinein und ertrank. Genau das gleiche Prinzip können wir hier anwenden. Wir geben uns selbst hin und heben das Gefühl unter Wasser abzutauchen, ganz ohne uns zu wehren: wir lassen uns von der Stille überfluteen.

Ein jhana baut auf dem anderen auf: Entstehen in Abhngigkeit von Bedingungen. Der unendliche Raum, so haben wir gesehen, kann nur vom unendlichen Bewusstsein erfasst werden. In beidem kenn weder ein abgegrenzter Körper vorhanden sein noch ein unabhängiges abgegrenztes Bewusstsein. Es gibt also einen unendlichen Körper, den Raum, und ein unendliches Bewusstsein, wir können also feststellen, dass es nichts gibt, das in seine Einzelteilen erkennbar ist, so haben wir in unserer abschließenden Kontemplation festgestellt.

Was häufig missverstanden wird: Das Nichtsheitsgebiet ist nicht Nichts, sondern es ist das Erkennen der Non-Dualität. Es gibt keinen eigenen Körper und keinen anderen Körper, ebenso wenig wie es einen eigenen Geist und einen fremden Geist gibt.

In dieser Vertiefung stellen wir möglicherweise eine Art Flimmern fest, eine Unschärfe, da ist nichts Greifbares, weil sich alles im Auflösen und Zusammenkommen befindet. Wichtig ist die Reflexion danach, allerdings besteht hierbei die Gefahr, dass wir daraus ein Konzept machen. Davor müssen wir uns hüten!

Das Flimmern kann man als Substanzlosigkeit interpretieren, oder auch als anatta. Bei häufigerem Üben kommt es vor, dass wir dieses Flimmern nichtmehr wahrnehmen, sondern dass wir erkennen, dass in der Unendlichkeit nichts zu finden ist. Es gibt den unendlichen Raum und es gibt dieses unendliche Bewusstsein, aber darin ist nichts zu finden, absolut nichts. Aber das muss man nicht lesen oder hören, das kann man nur erkennen. Und ebendieses Erkennen wird durch die siebte Vertiefung erreicht.


Die achte Vertiefung – Das Gebiet der

Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung

Ganz wichtig ist hierbei, ein Meditationsobjekt, eines dieser „Gebiete“ fallen zu lassen und zur nächsten Stufe zu gehen. Dabei ist es gut, die nächste Stufe in der Vorstellung zu kennen, das mist der Grund, warum ich das hier erzähle und warum buddhistische Autoren davon schreiben. Allerdings ist die Vorstellung noch nicht die nächste Stufe. So müssen wir auch das Nichtsheitsgebiet überwinden und absichtlich in den Hintergrund schieben.

In der Nachbetrachtung jeder Meditation gibt es die Gewohnheit zu sagen: „Ich habe wahrgenommen…“. Während der Meditation war diese Wahrnehmung unpersönlich da, doch jetzt, in der Kontemplationsphase, ist unser Ich plötzlich wieder da und sagt: „ICH habe wahrgenommen.“

Jeder Gedanke ist letztendlich dukkha, weil er Arbeit bedeutet, Veränderung, Wechselwirkung, Reibung, Friktion. Daher waren auch die fünfte bis siebte Vertiefung noch nicht totaler Friede. Ziel ist es nunmehr, die Wahrnehmung ganz stark zu vermindern, daher der Name Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung.

Nunmehr schließt sich die ganze Weite, die in den letzten beiden Vertiefungen da war, wieder; war in den letzten Stufen Öffnen angesagt, so geht es jetzt ums Schließen. Hier haben wir eine gewisse Parallele zur vierten Vertiefung, wo es in die Erde ging, nachdem wir uns in so großartigen Empfindungen, Emotionen und edlen Haltung befunden hatten.

Allerdings sind wir nicht gewillt, vollkommen abzuschalten (zu sterben). Es geht also nicht um den Tod, sondern um ein völliges Loslassen dessen, was vorher noch da war, also insbesondere Wahrnehmung und Empfindungen (vedana). Wir lassen zu, dass Wahrnehmung und Gefühl so abgeschaltet sind, dass wir hinterher nicht mehr wissen, was da war – allerdings ohne zu dösen oder zu schlafen, sondern in voller Achtsamkeit. Hinterher wissen wir nur, dass wir ganz tief ausgeruht haben. Dies zu erleben, ist nur einem geläuterten Geist möglich. Sann haben wir erfahren, dass auf der Basis der Einspitzigkeit alles losgelassen wurde.

Für den äußerst erfahrenen Meditierer, der diese Vertiefungen beherrscht, ist es übrigen so, dass er (oder sie) beliebig in eine Vertiefung eintreten kann, man muss dann also nicht mehr schrittweise vorgehen. Man kann dann auch von einer Vertiefung beliebig in eine andere springen, Das ist dann wirkliches „Sanftes Surfen in den jhanas“.


Die neunte Vertiefung – nirodha (Erlöschen)

Die neunte Vertiefung können allerdings, so heißt es, nur Arahants und Nichtwiederkehrer erreichen. Daher wird sie häufig gar nicht erreicht.Ein Mensch, der diese Vertiefung beherrscht, kann bis zu sieben Tage darin verweile, heißt es. Das macht man allerdings nicht; man begnügt sich mit einigen Stunden. Beim Meditierenden kann dann nur an der Körperwärme erkannt werden, dass er noch lebt, jedenfalls ohne technische Hilfsmittel. Der Atem ist jetzt ganz fein, ebenso der Herzschlag. In diesem Zustand gibt es absolut kein dukkha. (Dies ist der Zustand - so wird gelegetntlich gesagt - in dem Jesus war, als er seinen Tod am Kreuz vortäuschte.)

Wer so weit ist, kann den eigenen Tod akzeptieren. Und warum tun wir das sonst nicht, was hindert uns daran? – Es ist: Anhaften! Denn das, woran wir anhaften, macht uns glücklich, denken wir. Doch Glück (Freude) ist einer der weltlichen Winde und hat unweigerlich die Kehrseite von Leid.

Für die neunte Vertiefung ist es notwendig, verinnerlicht zu haben, dass „Ich“, „mir“ und „mein“ nur Ideen sind, und dass diese unweigerlich zu dukkha führen. Die gute Nachricht: Erleuchtung ist möglich, ohne die neunte Vertiefung zu beherrschen, und auch dann, wenn wir kein Meister der jhanas sind.


Schlusswort

Wenn wir Schwierigkeiten mit der Einspitzigkeit haben, dann sollten wir uns mehr auf Kontemplation verlegen, auf diese Weise entstehen Einsichten. Für einige Menschen ist es so, dass sie erst ganz tiefe Einsichten bekommen müssen, bevor der Geist endlich Ruhe findet. Hier sei beispielsweise an die khandha-Betrachtung erinnert, durch diese kann man nach dem nicht vorhandenen Ich suchen. Wer gerne denkt, für den empfiehlt sich die Kontemplation der Geistesformationen. (Eine Auflistung befindet sich im Buddhistischen Wörterbuch von Nyanatiloka). Wer sehr emotional ist, für den wäre es sicher gut, wenn er/sie über die Gefühle kontemplieren würde.

Aber bedenke: Kontemplativ erkennen und reflektieren sind nicht dasselbe. Kontemplation ist wichtig. Aber Meditation in den Vertiefungen ist noch wichtiger, denn am Ende der Meditation kommt sowieso die Kontemplation. Wir müssen immer kontemplieren, was geschehen ist, sonst ist die Meditation nutzlos. Die Meditation ist so etwas wie Saat, Keimen und Reife, die Kontemplation ist die Ernte.


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Das Blatt (ficus religiosa) im Hintergrund dieser Seite stammt vom Bodhi-Baum aus Anuraddhapura in Sri Lanka. Dieser ist ein direkter Abkömmling des Baumes, unter dem der Buddha seine Erleuchtung hatte.