Burnout
Depression – Stress – Lebenskrise...
… und die buddhistische Antwort
 

ein Vortrag von Horst Gunkel von "Meditation am Obermarkt", Gelnhausen
gehalten in der Zehntscheune Gelnhausen am 2. März 2012
leicht überarbeitet Oktober 2019

 
Gliederung
 
1. Was ist das Problem?
2. Wer (oder was) ist gestört?
3. Was der Buddhismus nicht leisten kann – und nicht leisten will.
4. Was der Beitrag des Buddhismus zur Hilfe ist.
5. meine persönliche Lebenskrise und ihre Überwindung
6. die buddhistische Antwort
7. praktische Tipps

 


1. Was ist das Problem?
 
Immer mehr Menschen leiden in unserer Gesellschaft an Stress. Die Anforderungen an uns nehmen zu: im Beruf, in der Familie, wo auch immer. Der Anforderungsdruck steigt. Viele von uns sehen sich diesem nicht mehr gewachsen. In den Beruf, in eine Beziehung, in eine Ehe mit hohem Idealen und freudigen Erwartungen gestartet, sehen wir uns herb enttäuscht und gleichzeitig immer mehr dem Druck, schneller zu sein, mehr zu leisten, perfekter zu sein ausgesetzt. Das ist Stress. Die klassische Definition von Stress ist übrigens: wenn der Körper hier ist und der Geist dort.
 
Viele fragen sich, wie sie das alles bewältigen sollen. Im Zwiespalt zwischen hohen Anforderungen, naturgemäß beschränktem Leistungsvermögen und enttäuscht über das Wenige, was von der Hoffnung auf die Umsetzung der eigenen Ideale geblieben ist, wollen sie nicht mehr, können sie nicht mehr: Burnout.
 
„Ich bin ein Versager“, klagen sich die Betroffenen selbst an. „Andere können das, nur ich nicht“, ist die Schlussfolgerung. Und es zeigt sich kein Ausweg. Depression.
 
„Vielleicht habe ich das alles falsch angegangen, kann ich evtl. einen Neustart versuchen?“ ist noch die optimistischste Variante unseres Problems. Sie heißt Lebenskrise.
 
Möglicherweise haben Sie unter diesen vier Schilderungen von Stress, burnout, Depression und Lebenskrise die ein oder andere bemerkt, die Ihnen nicht fremd ist, bei der sie sagen konnten: „So – oder so ähnlich – geht es mir auch.“ Vielleicht haben Sie diesen Eindruck sogar bei mehreren der vier Symptombeschreibungen gehabt. Damit sind Sie nicht allein. Das geht vielen Menschen so. Und mir ging es ebenso. Damals, vor 20 Jahren. Aber mir wurde geholfen. Oder besser: Ich war bereit zu suchen – und habe gefunden. Meine Suche richtete sich nicht nach irgendwelchen neumodischen Wundertherapien, sondern ich habe bei alten Weisheitstraditionen gesucht, bei spirituellen Botschaften, die der Persönlichkeitsentwicklung dienen können. Ich will nicht ausschließen, dass andere Traditionen das auch können, aber mir hat die Lehre des Buddha geholfen.

Zugegebenermaßen hatte ich zunächst bei der nächstliegenden spirituellen Tradition gesucht, beim Christentum. Das hat für mich nicht funktioniert. Nachdem ich dann ein Buch über den Islam gelesen hatte, wusste ich, dass dieser Weg für mich noch weniger funktionieren würde. 
 
Dann jedoch bin ich über ein Buch gestolpert, das den Namen trug: „Die großen nichtchristlichen Religionen“. Von dem, was da über die Lehre des Buddha gesagt wurde, war ich beeindruckt, das hat genau meine Situation beschrieben: gestresst, von burnout geschüttelt, deprimiert, in einer Lebenskrise. Ich habe mich entschlossen, mich daher näher mit dem Buddhismus zu beschäftigen. Das hat mich Stück für Stück – sofortige Heilungswunder gibt es nicht – zu einem fröhlicheren, offeneren, glücklicheren Menschen gemacht. Und daher wäre ich froh, wenn es mir gelänge, auch dem einen oder der anderen zu helfen, indem ich ihm oder ihr einen Weg aufzeigen kann, die eigenen Probleme zu lösen und den Pfad zum dauerhaften Glück zu beschreiten. 
 
Und was mich besonders erstaunt hat: Buddhismus war nicht das, was ich bei einer „Religion“ erwartet hatte. Diese Lehre ist vielmehr eine ganz praktische Handlungsanweisung zu einer Lebenseinstellung, in der 
• Verlangen durch Großmut ersetzt wird, in der
• Abneigung durch Freundlichkeit überwunden wird, in der
• die verquere Sichtweise, die unsere Gesellschaft aufweist, ersetzt wird durch
Sehen, wie die Dinge wirklich sind.
 
Der Buddha hat einmal gesagt: So wie der große Ozean nur einen einzigen Geschmack hat, den des Meeres, so hat auch meine Lehre nur einen einzigen Geschmack, den Geschmack von Befreiung.
 
Ich werde später auf dieses Zitat zurückkommen. 



2. Wer ist gestört?
 
Mein Freund Shantipada, seit über 20 Jahren in einem buddhistischen Orden ordiniert, hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich diesen Abschnitt unbedingt in meinen Vortrag aufnehmen müsste. Ich denke er hat Recht. 
 
Der erste Satz meines Vortrages lautete: „Immer mehr Menschen leiden in unserer Gesellschaft an Stress.“ Und dann kam die Botschaft, dass ich Ihnen, falls Sie betroffen sein sollten, Hilfe anbieten möchte. 
 
Der Buddha lehrt uns als erstes nach den Ursachen zu forschen. In dem Satz „Immer mehr Menschen leiden in unserer Gesellschaft an Stress“ wird eine Veränderung festgestellt „immer mehr“, es wird ein Problem geschildert „leiden an Stress“ und es wird ein leidendes Subjekt beschrieben: „Menschen“. Das ist alles richtig. Daher möchte ich versuchen, Menschen zu helfen. Aber dieser einleitende Satz hat auch noch eine adverbiale Bestimmung des Ortes, nämlich „in unserer Gesellschaft“. Und wenn immer mehr „Menschen in unserer Gesellschaft leiden“, dann kann das entweder daran liegen, dass diese Menschen weniger stressresistent sind oder eben daran, dass die Gesellschaft, dass die Wirtschaft, dass unser System, stressproduzierender geworden ist. 
 
„Du musst den leidenden Menschen klarmachen, dass sie sich nicht pathologisieren lassen dürfen, nicht sie als Individuen sind krank, unsere Gesellschaft ist krank, unser Wirtschaftssystem ist krank. Die einzelnen Menschen sind nicht pathologisch, unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ist pathologisch,“ hat mir Shantipada gesagt. Es kann nicht Ziel sein, die Menschen einem unmenschlichen System anzupassen, sondern ein unmenschliches System menschlicher zu machen.
 
Ich denke, Shantipada hat völlig recht – einerseits. Andererseits hätte ich meine Depression, meine Lebenskrise nicht überwunden, wenn ich vor zwanzig Jahren beschlossen hätte, darauf zu warten, dass sich das gesellschaftliche System ändert. Und selbst wenn ich mich entschlossen hätte, das gesellschaftliche System ändern zu wollen, hätte ich bis heute noch nicht mein Problem in dieser Gesellschaft überwunden. Mein Problem war damals gerade, dass ich versucht hatte, das System zu verändern. Ich hatte mich lange politisch engagiert, um die Gesellschaft lebenswerter zu machen. Und ich war, als ich feststellte, dass mir das noch viel weniger möglich sein würde, als ich gedacht hatte, ausgebrannt, deprimiert, in einer existentiellen Krise.
 
Also: sowohl wissend, dass nur eine gesellschaftliche Veränderung helfen kann, die generelle Stress-, Depressions- und Krisenproblematik zu bewältigen und obwohl es gut ist, Teil dieser Veränderungsbewegung zu sein, sei es einer sozialen Bewegung, einer ökologischen Bewegung, einer globalisierungs- kritischen Bewegung, sei es bei Attack, bei Occupy oder wo auch immer – mindestens genau so wichtig ist es, an uns selbst zu arbeiten, um unser eigenes Problem zu lösen.
 
Unser eigener Stress, unser burnout, unsere Depression, unsere Lebenskrise ist zwar gesellschaftlich gesehen nur ein Symptom, und man soll nicht an Symptomen kurieren, sondern die Ursachen eines Problems beheben. Aber für mich persönlich, für mich als einzelnen, für mich als Individuum, ist mein Stress nicht nur ein Symptom, sondern er ist das Problem, mein individuelles Problem. Und da brauche ich jetzt Hilfe und nicht am politischen St. Nimmerleinstag.
 
Einer, der die Welt verändern wollte, weil er sah, dass sie die Menschen kaputt macht, war Karl Marx. Wir wissen, dass marxistische Ansätze die Welt zu verändern sie nicht gerade generell besser gemacht hat. Daher scheint es mir wichtig, an diese Stelle den Unterschied in der Art der Veränderung bei Marx und bei Buddha zu betrachten. Karl Marx sagte: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt aber darauf an, sie zu verändern.“ 
 
Das ist der zentrale Ansatz bei Karl Marx. Und er klingt auch ein bisschen bei dem an, was Shantipada sagte, obwohl der mit Sicherheit kein Marxist ist. Und ich habe mich gefragt. „Wie würde daher der Buddha diesen Satz gesagt haben?“ Die Antwort ist eigentlich sonnenklar. Der Buddha, der ähnlich wie Marx auch der theoretischen Philosophie kritisch gegenüber stand und sich selbst eindeutig als Praktiker sah, hätte gesagt: „Die Philosophen mögen die Welt verschieden interpretieren, es kommt aber darauf an sich selbst – und damit ein Stück weit die Welt – zu verändern.“
 
Also: Klarmachen zum Ändern! (Die Parole stammt nicht von Marx, sie stammt ursprünglich auch nicht etwa von der Piratenpartei, sondern von einem tibetischen Lama). Lama Lobsang erläutert das Klarmachen zum Ändern so:
 
Wenn du ein schwieriges Leben haben willst, dann versuche andere zu ändern. Wenn du ein leichtes Leben haben willst, dann versuche dich zu ändern.
 
Und zu dem gleichen Schluss bin ich vor 20 Jahren auch gekommen, als ich meine politische Laufbahn abschloss: es kommt darauf an sich selbst, und damit ein Stück weit die Welt, zu verändern. Indem ich mich selbst ändere, ändere ich nämlich einen kleinen Teil der Welt; und indem ich Vorbild bin und das, was mir geholfen hat, weitergebe, ändere ich die Welt – ein Stückchen weit, ein kleines Stückchen weit, aber in einem Umfang der wirklich praktikabel ist. Und ich will praktische Lösungen, wie der Buddha.
 


3. Was der Buddhismus nicht leisten kann – und nicht leisten will.
 
 
Und wenn Sie erwartet haben, genau das wäre die buddhistische Antwort, die hier angekündigt wurde und Sie müssten sie einfach nur schlucken, dann wäre alles gut, dann muss ich Sie enttäuschen, dann gehen Sie lieber jetzt nach Hause und retten Sie den Rest des Abends für sich. „Das wahre Wunder“, sagt der Buddha, „dauert etwas länger.“
 
Und ich will Ihnen auch verraten, warum der Buddhismus die drei genannten Ziele auch gar nicht erreichen will.
 
Zum ersten Aussage: Der Buddhismus kann nicht hier und jetzt die Welt ändern. Er will keine Weltrevolution. Keine Revolution kann die Dinge wirklich von Grund auf ändern. Das zeigt nicht nur die Geschichte, sei es die französichen Revoltion, die russischen Revolution, die chinesische Revolution oder welche auch immer. Weil die Menschen nämlich so sind, wie sie sind. Man kann sich selbst ändern, aber man kann nicht andere Menschen gegen deren Willen ändern. Alle entsprechenden Versuche haben zu Blutbädern geführt oder in den Archipel GULAG.
 
Zur zweiten Aussage: Der Buddhismus kann auch nicht mit einem Patentrezept aus ausgebrannten Menschen von heute auf morgen glückliche Menschen machen. Das kann niemand, das können nur – annäherungsweise - Drogen. Aber nicht von heute auf morgen, sondern von jetzt auf gleich. Und morgen wachen Sie mit Kater auf, oder Sie werden drogenabhängig und zerstören sich selbst. Der Buddha ist kein Drogenhändler, seine Medizin wirkt langsam, aber nachhaltig.
 
Und zur dritten Aussage: Der Buddhismus kann Dich nicht zu einem optimal funktionierenden Glied unseres problematischen Wirtschafts- und Denksystems machen. Es wäre falsch, die Menschen zu optimal funktionierenden Gliedern einer pathologischen Gesellschaft zu machen. Was würde das denn bedeuten?
 
Im Nazistaat müssten dann die Menschen zu hasserfüllten Wesen werden, die alle Andersartigen – Juden, Zigeuner, Kommunisten, Schwule – ausrotten wollen. Sie müssten die Menschen gierig darauf machen dem „Volk ohne Raum“ Lebensraum im Osten zu verschaffen und sie müssten sie so verblendet machen zu glauben, all dies würde in einem Krieg gegen England, gegen die Sowjetunion und gegen die USA zu einem für alle Volksgenossen guten Ende kommen. - STONK!
 
Und nachdem wir uns das an einer eindeutig pathologischen Gesellschaft angesehen haben, am Nazistaat, betrachten wir es an einem anderen pathologischen System, am herrschenden kapitalistischen System. Ich habe das Nazisystem oben auf drei Begriffe reduziert, auf Hass, auf Gier und auf Verblendung. Wobei dort Hass an Platz eins stand. Im derzeitigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem steht Gier an Platz eins. Und das gilt natürlich keineswegs nur für die Spekulanten im Casino-Kapitalismus, die nach schnellen Gewinnen suchen und heute gegen Griechenland, morgen gegen Frankreich und übermorgen gegen Deutschland wetten, damit die Staaten immer mehr Milliarden zu Gunsten der Spekulanten locker machen, das gilt auch für uns selbst. Wir haben Wachstum zum Fetisch gemacht, immer mehr wollen, immer weniger dafür ausgeben. Dieses System ist nicht nur kapitalistisch, es ist auch konsumistisch. Wir alle sind daran beteiligt, denn uns treibt das gleiche an, den Kapitalbesitzer und den Konsumenten. „Geiz ist geil“ war der Werbespruch eines großen Kaufhauses, inzwischen hat Saturn umgesattelt auf die nächste menschliche mentale Fehlsteuerung, sie werben jetzt mit „wir hassen teuer“ und hinter all dem steht die verblendete Wahnvorstellung, dass immer mehr immer glücklicher mache. – STONK!
 


4. Was der Beitrag des Buddhismus zur Hilfe ist.
 
Jetzt wissen wir also, was die buddhistische Antwort nicht ist,
• sie besteht nicht in einer kurzfristigen Weltveränderung
• sie besteht nicht aus einem Patentrezept, das Dich von heute auf morgen glücklich macht und
• der Beitrag des Buddhismus will gar nicht sein, Dich zu einem gut funktionierenden Teil eines schlechten Systems machen

Ja, was soll denn dann der Buddhismus sein?

Also erst mal, der Begriff, den ich die ganze Zeit verwende, der Begriff „Buddhismus“, ist ein ganz unglücklicher. Er ist eine westliche Erfindung für ein Praxissystem, das der Buddha vor 2500 Jahren begründete. Mit etwas was auf –ismus endet, wird gewöhnlich ein Theoriesystem bezeichnet. Ich habe bei Wikipedia nachgeschaut, dort heißt es: Das Suffix -ismus ist ein Mittel zur Wortbildung durch Ableitung. Das entstandene Wort bezeichnet ein Abstraktum, oft ein Glaubenssystem, eine Lehre, eine Ideologie oder eine geistige Strömung. 

 
Der Buddha hätte weit von sich gewiesen, ein Glaubenssystem oder eine Ideologie zu verkünden. Was er verkündet hat, war ein Übungssystem, an sich selbst zu arbeiten, um die grundlegenden menschlichen Probleme (a) zu erkennen und (b) zu überwinden. Und wenn man das möchte, dann ist der Dharma der richtige Weg. Das Wort Dharma heißt Naturgesetz und bezeichnet die Lehre des Buddha. Obwohl also Buddha den „Dharma“ formulierte, ist dieses Wort selbst genauso wenig buddhistisch wie das Gesetz der Schwerkraft wegen Newton englisch ist. Auch den Dharma soll man nicht glauben, man soll ihn vorsichtshalber kritisch prüfen. 
 
Als der Buddha einmal von Leuten gefragt wurde, wem man denn bei so vielen unterschiedlichen Weisheits-Lehrern glauben solle, wieso ihm und nicht anderen da antwortete er: Geht, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, … nicht nach erdachten Theorien, nicht nach persönlichen Vorzügen, nicht nach der Autorität eines Meisters oder der Autorität eines Priesters! Wenn ihr aber nach sorgfältiger Prüfung selber erkennt: „Diese Dinge sind heilsam, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt, führen sie zu eurem Wohlergehen und zu dem der anderen“, dann möget ihr sie annehmen. 


5. meine persönliche Lebenskrise und ihre Überwindung
 
Eigentlich hat es in meinem Leben zwei Krisen gegeben. Die erste Anfang der achtziger Jahre, die zweite Anfang der neunziger.
 
Wie jeder – oder ich denke zumindest die meisten von uns – hatte ich als junger Mensch eine relativ klare Vorstellung davon, was das Leben zu bieten haben solle. Meine Lebensziele im zarten Jünglingsalter von zwanzig Jahren waren
 
• glückliche Ehe und Familie
• einen sicheren Beruf, der mich erfüllt und ernährt
• eigens Haus
• möglichst viel Urlaub mit dem Wohnmobil
• gesellschaftlichen Einfluss nehmen
 
Zehn Jahre später hatte ich irgendwie das alles, aber ich war keineswegs glücklich, alles war nicht so, wie ich mir das in meiner jugendlichen Verblendung vorgestellt hatte.
 
Ich war verheiratet, hatte drei Kinder, aber meine Ehe lief ziemlich … bescheiden. Wären da nicht die Kinder, wäre ich schon längst geschieden gewesen.
 
Einen sicheren Beruf wollte ich haben, ich habe Wirtschaft studiert, ging dann in den Schuldienst, war Studienrat, also der Inbegriff von einem sicheren Beruf, der einen ernähren kann. Aber ich ging nicht gern in die Schule. Die Schüler waren ganz anders, als ich mir sie vorgestellt hatte. Die Vorgesetzten und die Schulbürokratie waren … na, Sie werden es sich denken können.
 
Ja, ich hatte ein eigenes Haus. Und die Folgekosten, und einen großen Garten dabei, der eigentlich viel gepflegter sein sollte…
 
Ja - und ich hatte als Lehrer viel Urlaub und auch ein Wohnmobil, ich fuhr am ersten Tag der Ferien weg und kam am letzten wieder, nur: dem, dem ich eigentlich entfliehen wollte, konnte ich nicht entfliehen, es war das Unbefriedigtsein, das in mir selbst wohnte. 
 
Und den gesellschaftlichen Einfluss hatte ich durch meinen Verein, eine stenografische Organisation, die sich in mehrere Landesverbände gliederte und auch in Österreich und in der Schweiz vertreten war.  STONK!
 
Ich war todunglücklich und floh vor meiner häuslichen Misere in die Kneipe und ließ mich vollaufen – bis ich erkannte so ging es nicht weiter. Noch drei, vier Jahre, und du bist kaputt.
 
Ich analysierte meine Ziele und dachte: das mit dem gesellschaftlichen Einfluss, das musst du viel größer aufziehen, das wird deinem Leben neuen Sinn geben, das wird dir Freude und Anerkennung bringen. So trat ich Anfang der achtziger Jahre in die noch junge Partei der Grünen ein.
 
Das ließ sich ebenso gut an, wie zuvor die Verwirklichung meiner anderen Ziele. Im Jahre 1981 ging ich zum ersten Mal zu einer Versammlung meiner Partei, im Jahre 1982 war ich Sprecher der Grünen Hanau, bei den nächsten Kommunalwahlen im Jahre 1985 wurde ich Abgeordneter des Kreistages des Main-Kinzig-Kreises, 1986 Fraktionsvorsitzender der Regionalversammlung Südhessen, 1989 Spitzenkandidat meiner Partei bei den Kommunalwahlen in diesem Kreis und 1990 kandidierte im Wahlkreis Hanau/Gelnhausen für den Bundestag. Es machte mir Spaß. Bei der Wahlkampf-Abschlusskundgebung der Grünen durfte ich auftreten, nur ich und noch einer, den ihr sicher kennt. Ich war jetzt wer!
 
Leider musste ich feststellen, dass ich zwar Erfolg hatte, Anerkennung bekam, aber dafür entweder gezwungen war, meine Überzeugung zu verkaufen oder mit dem Parteiestablishment in Konflikt geriet, und ich entschied mich für letzteres. - STONK!
 
Wie ich später erkannte, war das das Beste, was mir passieren konnte, denn es führte mich in meine entscheidende Lebenskrise und damit direkt zur Lösung. Der andere von uns beiden, der damals beim Wahlkampf die Abschlussrede hielt, hatte dieses Glück nicht. Der arme Kerl musste später den Vizekanzler und Bundesaußenminister spielen.
 
So und nun entführe ich Sie in eine andere Zeit, 2500 Jahre zurück, und in einen anderen Kontinent, nach Indien. Dort hatte auch ein junger Mann seine Lebenskrise, es war Prinz Siddharta von Shakya. Er hatte alles, was man sich wünschen konnte, er hatte drei Paläste, einen für den Sommer, einen für den Winter und einen für die Regenzeit, er hatte eine hübsche Frau und einen Sohn, er war ausgebildet als Stabsoffizier und als Jurist, er hatte zahlreiche Sängerinnen und Musikantinnen, die jederzeit für alle seine Gelüste zur Verfügung standen, er sollte Nachfolger seines Vaters als Raja, als Herrscher, des Kleinstaates Sakya werden. Und ihm war prophezeit worden, dass er ein großer Weltenherrscher werde – oder ein Weiser, dessen Lehren noch in Jahrtausenden weltweit praktiziert würden. - - - Und er war unglücklich!

Es gab da etwas, das mehr sein musste als alles das. So floh er im Alter von 28 Jahren bei Nacht aus dem Palast und wurde einfacher Asket, Wanderer, der mit der Bettelschale durch Indien ging und die Wahrheit suchte. Und er fand etwas, das ihn im Gegensatz zu allen irdischen Freuden zu einem vollkommen zufriedenen Wesen machte. Und ich zitiere jetzt aus einem Verehrungstext für den Buddha, denn das ist der Mann von dem ich gerade spreche, in diesem Text heißt es:

 
Der Buddha war ein Mensch, so wie wir Menschen sind. Was der Buddha überwunden hat, das können auch wir überwinden. Was der Buddha erreicht hat, das können auch wir erreichen.
 
Und was war das, was der Buddha erkannt hatte?
 
Nun es war das, was wir heute die Vier Edlen Wahrheiten nennen:
 
• Die Wahrheit von der Erkenntnis des Leidens.
• Die Wahrheit von der Ursache des Leidens.
• Die Wahrheit von der Überwindung des Leidens.
• Die Wahrheit von dem zur Überwindung des Leidens führenden Pfad.
 
Das ist die einzig sinnvolle Art, wie jeder gute Arzt ein Problem angehen kann, erkannte der Buddha, der sich als Arzt für psychisch leidende Menschen sah.
 
Als erstes muss man das Leiden erkennen, dies geschieht, indem man die Symptome des Leidens erkennt, also z. B. burnout, Stress, Depression, Lebenskrise. Es hat nun gar keinen Sinn an den Symptomen herumzukurieren, vielmehr ist danach zu forschen, was dieses Leiden verursacht, daher eben die Zweite Edle Wahrheit, nämlich die von der Ursache des Leidens.
 
Ist dies erfolgreich gelungen, dann geht es darum, das Leiden, das Problem, die Krankheit zu überwinden, indem man die Ursache des Leidens bekämpft, also die Dritte Edle Wahrheit, nur durch Bekämpfung der Ursache, kannst Du die Folgen, das Leiden nachhaltig bekämpfen. Und schließlich die Therapie: Der Pfad zur Überwindung des Leidens, der aus acht Elementen besteht.
 
Aber bevor ich darauf, also auf die buddhistische Antwort zu sprechen komme, möchte ich erst noch einmal Lama Lobsang zitieren, er nennt vier Vorbedingungen für Heilung
 
1. Erkenne den hohen Wert deines Lebens.
2. Erkenne das alles der Veränderung unterliegt, du auch, das ist deine Chance.
3. Erkenne, dass Leiden etwas Universelles ist, aber unterscheide zwischen 
a) unvermeidbarem, physisch bedingten Leiden, nämlich Geburt, Alter, physische Krankheit und Tod
b) vermeidbarem Leiden, das ist alles nicht physische, das Geistgeschaffene
4. Erkenne den Einfluss von Karma. Das Wort Karma bedeutet zu deutsch: Handlungen haben Folgen.



6. …die buddhistische Antwort
 
Die Erste Edle Wahrheit ist die Erkenntnis des Leidens. Und das Leiden, mit dem wir uns heute beschäftigen wollen, ist burnout, Stress, Depression, Lebenskrise.
 
Nur wenn wir erkannt haben, dass eines dieser Phänomene bei uns vorliegt, dann macht es Sinn dagegen vorzugehen. Selbsterkenntnis ist bekanntlich die Voraussetzung für Besserung. Nichts anderes sagt die Erste Edle Wahrheit. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es setzt voraus, dass wir ein Problem in uns selbst erkennen, nicht nur in den anderen. Als ich vor dreißig Jahren in die Kneipe rannte und Zuflucht beim Alkohol suchte, da war mir nicht klar, dass ein Problem in mir liegt, sondern ich sah es nur in anderen: meine Frau ist blöde, meine Schüler sind blöde, das ganze Schulsystem ist saublöde – und dann noch die blöden Rechnungen für Reparaturen am Haus, am Auto und, und, und.
 
Erst wenn wir erkennen 

• ICH bin ausgebrannt
• ICH habe Stress
• ICH bin deprimiert
• ICH stecke in einer Lebenskrise
 
erst dann können wir beginnen uns SELBST zu helfen. Damit ist der erste Schritt getan. Aber längst noch nicht der Entscheidende.
 
Zu Beginn meines Vortrages habe ich die vier Begriffe burnout, Stress, Depression, Lebenskrise kurz erläutert und dann ausgeführt: „Möglicherweise haben sie unter diesen vier Schilderungen von Stress, burnout, Depression und Lebenskrise die ein oder andere bemerkt, die ihnen nicht fremd ist, bei der sie sagen konnten: So – oder so ähnlich – geht es mir auch.“
 
Und wenn das der Fall war, dann haben Sie den ersten Schritt getan, aber noch nicht den Entscheidenden. Denn allzu gerne suchen wir den Schuldigen da draußen: den Ehepartner, den Arbeitgeber, die Kunden, das System. Ja, die sind alle unvollkommen. Aber das Entscheidende, das wir ändern können liegt in uns: Wieso verursacht uns das Leiden?
 
Und dabei können wir die gleiche Untersuchung vornehmen, die ich vorhin für zwei pathologische Systeme vorgenommen habe. Vorhin haben wir uns das Nazisystem und das kapitalistisch-konsumistische Wirtschaftssystem angesehen. Und wir haben festgestellt, was die beiden – und nicht nur diese – eigentlich so pervers macht, es sind 

1. Gier, Habenwollen, Verlangen
2. Abneigung, Hass, Aversion, Widerstand und 
3. Verblendung, also der Versuch Mittel zum Glück in Dingen oder Personen zu suchen, die das definitiv nicht leisten können.
 
Ich fange einmal mit dem unbedeutendsten dieser drei an, mit Hass. 
 
In meiner Situation vor 30 Jahren war, das:
 
Wir könnten auch mildere Vokabeln verwendet als das Wort Hass. Widerwillen, Abneigung, Aversion, Zurückweisung. Aber welche Vokabel wir auch verwenden: wir wollen, dass das, was uns unangenehm ist, verschwindet.
 
Und dann haben wir das zweite Problem, das ist schon viel bedeutender: Gier. Es ist das konstituierende Element nicht nur des kapitalistisch-konsumistischen Systems, es nagt in uns allen. Dabei geht es uns ausgesprochen gut.
 
In meiner Heimatstadt Gelnhausen hat früher zeitweilig der Kaiser Barbarossa gewohnt. Als Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation, war er nicht nur einer der mächtigsten, sondern auch einer der reichsten Menschen der Welt. Waren Sie einmal in der Kaiserpfalz? Wollten Sie dort wohnen? Keine Zentralheizung, keine Glasfenster, kein fließendes Wasser, kein Strom. Dieser reiche Kaiser musste im Winter in seiner Pfalz sitzen, die Fenster notdürftig mit Stoff verhängt oder mit Fensterläden verschlossen, durch deren Ritzen es eisig zog, während der Kamin voll eingeheizt wurde, sodass man von vorne fast gebraten wurde, während man an dem dem Fenster zugewandten Rücken vor Kälte mit den Zähnen klapperte. Beleuchtet war das Ganze durch rußende krebserzeugende Lampen und dazu genoss man viel zu fettes Essen, das den eben erwähnten Krebs dadurch verhinderte, dass man schon vorher an Herz- und Kreislaufleiden verstarb. Und selbst der Wein konnte nicht einmal mit dem heutigen 3-€-Wein von Aldi konkurrieren. Also wir sind heute verdammt reich, verglichen selbst mit den mittelalterlichen Fürsten. Da hat es heute jeder Hartz-IV-Empfänger objektiv besser. 
 
Wir sind also nicht arm, aber wir halten uns für arm. Und wenn wir nun noch reicher wären, sagen wir eine Million Euro hätten, dazu ein großes Eigenheim, Auto und eine Motorjacht? Wir würden uns Sorgen machen um unseren Besitz, um die Folgekosten, um die Geldanlage in diesen unsicheren Zeiten, in denen nicht einmal die Zukunft des Euro und das Rating Deutschlands sicher sind.

Ganz anders einer der glücklichsten Menschen, ein Grieche. Ja, es gab sie einmal, die glücklichen Griechen. Als Alexander der Große den Philosophen Diogenes, der in einer leeren Tonne hauste, besuchte und ihn fragte, ob er vielleicht irgend etwas für ihn tun könne, ihm irgend einen Wunsch erfüllen könne, antwortete Diogenes dem damals mächtigsten Mann Europas: „Ja, Alexander, gehe einen Schritt nach links, Du verdeckst mir sonst die Sonne.“ Welch andere Sorgen sollte Diogenes auch haben, er hatte Besitz und Eigentum transzendiert. Denn Reichtum ist vergänglich. Warum sollten wir also danach streben. Ebenso vergänglich sind attraktive Sexpartner. Stell sie Dir nur einmal fünfzig Jahre älter vor… Oder man müsste sich immer hächelnd strampelnd ins Hamsterrad stellen, um neue Partner/innen aufzureißen wie der olle Berlusconi, um dann doch mit 80 noch keinen Schritt weiter gekommen zu sein als 50 Jahre zuvor. Der superreiche Berlusconi ist ja so ein armer Kerl.

 
Alle Süchte, sei es Medikamentensucht, Alkohol, Nikotin, Genusssucht in jeder Form oder Arbeitssucht benutzen wir einzig und allein um unser Mangelgefühl, den Mangel an Sinn, zu betäuben – und nehmen damit alle Risiken und Nebenwirkungen dieser Süchte in Kauf.
 
Glücklich ist, wer das Problem der Gier erkannt und überwunden hat. Diogenes zum Beispiel. Oder der Buddha. Oder mein Freund Uwe, ein Straßenmusikant. Der hat mir einmal gesagt, das Schöne an dieser Welt sei, dass die besten Sachen nichts kosten würden: am Main (er wohnte in Frankfurt) auf einer Bank in der Sonne zu sitzen und den Enten zuzuschauen zum Beispiel, oder im Ostpark auf der Wiese zu sitzen und in Meditation tiefstes Glück zu empfinden. Und das Tolle: er hätte alle Zeit der Welt das zu tun. Glücklicher, weiser Uwe.
 
Ich höre im Kopf schon Dutzende von Einwänden ihrerseits, und ich weiß, dass diese nachher in der Diskussion auch kommen werden. Um so wichtiger unser Augenmerk auf die dritte Ursache, auf die wichtigste Ursache, auf Verblendung. Verblendung heißt, von etwas einen Nutzen zu erwarten, den dieses etwas nicht leisten kann.
 
Ja, warum fand ich denn meine Frau so blöde? Weil ich andere Vorstellungen davon hatte, was eine Ehe bedeutet als meine Frau zu geben bereit war. Das heißt doch: meine irrige Vorstellung war die Ursache meines Leidens. 
 
Und warum fand ich meine Schüler so blöde? Weil ich wollte, dass sie so sind wie ich sie mir vorgestellt hatte. Sind sie aber nicht. Sie sind nun einmal so, wie sie sind. Basta.
 
Auch vom Schulsystem muss ich mir wohl in meiner Verblendung andere Vorstellungen gemacht haben, als es ist.
 
Wir erwarten immer irgendetwas. Wenn ich erst einmal ein eigenes Haus habe – das wird toll. Wenn ich nur eine hübsche Freundin oder einen tollen Freund hätte – das wäre toll. Ein Urlaub in der Südsee – das wäre toll. Ein sicheren Beruf. Einen Lottogewinn. STONK!
 
Weil wir unwissend sind bezüglich unsere geistigen Prozesse, glauben wir, das alles Gute und Schlechte von außen kommt, daher hoffen wir auf

• den richtigen Job
• den richtigen Partner
• den perfekten Urlaub
• das richtige Medikament.
 
Es gibt übrigens eine Studie über Glückempfinden, ich zitiere hierzu Jack Kornfield, bei zwei Personengruppen, nämlich (a) Personen, die einen Lottogewinn hatten und (b) Personen, die querschnittsgelähmt wurden. Interessanterweise war bei beiden Gruppen das Glücksempfinden nach zwei Jahren auf dem gleichen Level wie vor diesem scheinbar einschneidenden Erlebnis.
 
 
Wer immer hier an Stress leidet, an Depression, an burnout, in einer Lebenskrise ist, der verhält sich anders als der Buddha, als Diogenes und als mein Freund Uwe. Der hat Verblendung in sich, der hat Gier in sich, der hat Aversion in sich.
 
Damit haben wir die Zweite Edle Wahrheit betrachtet, die da heißt: Die Wahrheit von der Ursache des Leidens.
 
Wenden wir uns der Dritten Edlen Wahrheit zu, der Wahrheit von der Überwindung des Leidens.
 
Die ist kognitiv die einfachste. Um das Leiden zu beseitigen, musst Du seine Ursache beseitigen. Also: verbanne Gier, Abneigung und Verblendung aus Deinen Verhaltensmustern. Klingt einfach. Ist aber verdammt schwer!

Und genau dort liegt das Problem: es geht nicht darum etwas kognitiv zu begreifen, zu begreifen, dass unsere Gier, unser Hass und unsere Verblendung die Ursache unseres Leidens sind, denn das sind tief verwurzelte, jahrelang eingeübte, ich möchte sogar sagen über die Evolutionsgeschichte jahrmillionenlang eingeübte Verhaltensmuster - und deshalb so schwer zu überwinden.

 
Und genau deswegen sieht sich der Buddha nicht als Philosoph, nicht als Theoretiker, sondern als ein Mann der Praxis. Er hat Praktiken entwickelt, wie man diese eingefahrenen, evolutionsgeschichtlich bedingten aber auf unserer Evolutionsstufe hinderlichen weil überkommenen Verhaltensmuster beseitigen kann. 
 
Und dies ist die Vierte Edle Wahrheit, die Wahrheit von dem zur Überwindung des Leidens führenden Pfad.
 
Und das ist nun wirklich etwas Schwieriges, denn hier müssen wir an uns selbst arbeiten. Müssen unsere falschen Projektionen, die Verblendung überwinden. Müssen uns von unserem evolutionsbedingten animalischen Reiz-Reaktions- Schema, frei machen, denn genau das ist es, was Gier und Hass bedingt.
 
Der Buddha hat diesen Pfad, der die Vierte Edle Wahrheit bildet, den Edlen Achtfältigen Pfad genannt, denn es gilt acht Übungsfelder immer tiefergehend zu beackern. Ich werde Ihnen diese Übungsfelder kurz benennen, denn sie tiefgehend zu erläutern, dazu würde die Zeit hier und heute nicht reichen. Hier also diese acht Übungsfelder, an denen wir arbeiten müssen:
 
(1) Richtige Vision
(2) Richtige Emotion
(3) Richtige Rede
(4) Richtiges Handeln
(5) Richtiger Lebenswandel
(6) Richtiges Bemühen
(7) Richtige Achtsamkeit
(8) Richtige meditative Vertiefung
 
Man kann auch eine gewissermaßen abgespeckte Version, eine vereinfachte Darstellung dieses Modells des Pfades haben, das nennt sich dann der Dreifache Pfad, er besteht aus

• Ethik
• Meditation
• Weisheit

Das bedeutet,
(1) dass ein ethisches Leben die Grundlage ist, auf dem man aufbaut,
(2) dass man auf dieser Basis aufbauend meditiert und somit
(3) allmählich Weisheit erwirbt, wobei Weisheit nicht gleichbedeutend ist mit Wissen, sondern bedeutet, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, nicht verblendet, sondern wie einer der nicht mehr träumt, ein Erwachter, ein Buddha.

 
Und der wird man durch die heilige Wandlung, nämlich

1. erkenne, was ist
2. akzeptiere, was jetzt ist
3. erforsche das, was ist
4. identifiziere dich nicht mit dem, was noch da ist
5. lass los!
 
Fazit: Um das Leiden, das sich in unserer Gesellschaft besonders durch Stress, durch Depression, durch burnout äußert, zu überwinden, muss man dessen Ursachen erkennen. Diese sind
Wer daran arbeiten möchte, für den gibt es ein umfassendes Übungssystem, das man den Achtfältigen Pfad nennt. Um dieses zu üben musst Du nicht Buddhist werden. Du musst ja auch nicht, wenn du joggen gehen willst, erst Turnvater-Jahnist werden.
 
Es langt, wenn du dir überlegst, ob das Vorgehen vernünftig erscheint, und ob du probeweise in das Übungssystem einsteigen willst.
 
Ein solcher Einstieg wäre, sich vertiefend informieren zu wollen. Es gibt massenweise Bücher zu dem Thema. Ich biete ein Seminar an: „Buddhistisch Psychologie“ in dem wir uns genauer ansehen, wie unser Geist arbeitet. Wir bieten auch in Gelnhausen wöchentliche Offene Meditationsabende an, an denen jeder teilnehmen kann. Hier üben wir, an unserem Geist zu arbeiten.
 
Natürlich können Sie auch bei jeder anderen Gemeinschaft, die die Praktiken des Buddha anbietet, teilnehmen, je nachdem, wo sie glauben das zu finden, was Ihnen entspricht.
 
Ich will Ihnen nichts versprechen, ich kann nur anbieten: probieren Sie es aus. Oder um die Empfehlung zu verwenden, die der Buddha ausgesprochen hat: Komm und sieh´ selbst!
 
Und noch eines, um die ärgsten Bedenken zu zerstreuen: Niemand erwartet, dass Sie wie Diogenes in der Tonne leben oder wie der Buddha mit der Bettelschale durchs Land ziehen. Auf dem zwölfstufigen Pfad kommen die Schritte Entsagung und Triebversiegung sehr weit hinten, ich möchte daher nur die ersten sechs Stufen aufzählen, die jemand, der oder die den Übungsweg des Dharma geht, erreichen wird.
 
Stufe 1: Erkenntnis des Leidens
Stufe 2: Vertrauen in den Pfad des Dharma
Stufe 3: Freude
Stufe 4: Verzückung Stufe
5: zur Ruhe kommen Stufe
6: Glückseligkeit

 
Entsagung kommt erst als Stufe 9 und Triebversiegung als Stufe 10. Jede und jeder ist eingeladen ein Stück des Weges zu gehen, so weit er oder sie eben möchte. Vielleicht sind Sie ja bis heute den ersten Schritt schon gegangen: Erkenntnis des Leidens.
 
Und wenn ich am Anfang den Buddha zitierte, der sagte, „So wie der große Ozean nur einen einzigen Geschmack hat, den des Salzes, so hat auch diese Lehre nur einen einzigen Geschmack, den Geschmack von Befreiung“, so sollte inzwischen klar geworden sein, wovon dieses Übungssystem befreit:
 
Der Dharma befreit von unseren Anhaftungen
- und von deren 1000 verschiedenen Ausprägungen.
Der Dharma befreit von unseren Widerständen
- und deren 1000 verschiedenen Ausprägungen
Der Dharma befreit von unserer Ignoranz
- und deren 1000 verschiedenen Ausprägungen.


7 . praktische Tipps
 
Wenn Sie Berührungsängste mit dem Begriff „buddhistisch“ haben, was ich verstehen kann, denn nicht alle Menschen haben mit dem, was irgendwie nach Religion klingt, positive Erfahrung gemacht: es gibt eine der buddhistischen Methode sehr eng verwandte Richtung, sie nennt sich MBSR (mindfulness based stress reduction) und diese wird seit 30 Jahren erfolgreich angewendet. Die Methode ist von Jon Kabat-Zinn entwickelt worden, einem inzwischen emeritierten Professor der University of Massachusetts. 
 

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