Die Stabilität des Ordens
erzählt von Saddhaloka, deutsch von Horst Gunkel
(c) Copyright by Saddhaloka and Horst Gunkel - letzte Änderungen 2004-01-28


Als der Buddha sein achtzigstes Lebensjahr vollendet hatte, war sein letztes Jahr gekommen. Er weilte mit Ananda, seinem Cousin und ständigen Begleiter der letzten 25 Jahre an der Geierspitze, einem Berg vor den Toren der Stadt Rajagaha. Von diesem Aussichtspunkt aus konnten sie die Urwälder und Felder überblicken und herabsehen auf die bevölkerungsreiche Stadt Rajagaha unten im Tal.

In seinem Palast in Rajagaha saß König Ajatasattu mit seinem Minister Vassakara zusammen und plante einen Angriffskrieg gegen die Republik Vajjian, um diese zu annektieren und dem Königreich Maghada einzuverleiben. Der König schickte Vassakara mit genauen Instruktionen zum Buddha:

„Gehe zum Buddha, Vassakara. Erweise ihm die Referenz und grüße ihn von mir. Dann sage ihm, dass König Ajatasattu plant, Vajjian anzugreifen und das Land mit Zerstörung überziehen wird. Höre sehr genau, was der Buddha darauf antwortet, denn ein Buddha lügt nie. Dann komme zurück und erstatte mir Bericht.

Vassakara ließ eine königliche Kutsche bereit machen und fuhr damit so nahe er konnte an die Geiserspitze heran. Dort stieg er aus und setzte seinen Weg zu Fuß fort. Am Gipfel angekommen, grüßte er den Buddha, erwies ihm seinen Respekt und überbrachte die Botschaft. Ananda stand hinter dem Buddha und wedelte ihm mit einem Fächer Luft zu, der Buddha wandte sich langsam um und sagte zu ihm:

„Ananda, weißt du ob die Vajjinas häufig gut besuchte Volksversammlungen abhalten?“

„Ich habe gehört, dass sie das tun, Herr.“

„Nun, so lange sie damit fortfahren, können wir davon ausgehen, dass der Wohlstand steigt und nicht sinkt. Weißt du, ob sie sich harmonievoll versammeln, ob die Versammlungen harmonisch ablaufen und sie am Ende der Versammlungen auch wieder in Harmonie miteinander aufbrechen?“

„Ich habe gehört, dass sie das tun, Herr.“

„Nun, so lange sie damit fortfahren, können wir davon ausgehen, dass der Wohlstand steigt und nicht sinkt.“

Der Buddha fuhr in der gleichen Weise fort:

„Ananda, glaubst du, die Vajjinas leben im Einklang mit ihren traditionellen Gesetzen, ohne hektisch dauernd neue Gesetze zu erlassen? Ehren und respektieren sie die älteren Menschen und hören auf ihren Rat? Leben sie friedlich, ohne die Frauen und Mädchen der Nachbarstämme zu überfallen, zu vergewaltigen und zu rauben? Verehren sie die angestammten Schreine Vajjinas? Heißen sie die Erleuchteten willkommen und kümmern sich um sie, wenn sie ihr Land betreten.

Und auf jede Frage antwortete Ananda: „Ich habe gehört, dass sie das tun, Herr.“ Und auf jede Bestätigung Anandas erwiderte der Buddha: „Nun, so lange sie damit fortfahren, können wir davon ausgehen, dass der Wohlstand steigt und nicht sinkt.“

Nun wendete sich der Buddha an Vasskara und teilte ihm mit, dass er selbst den Vajjinas diese sieben Regeln beigebracht hätte, dass er ihnen mitgeteilt habe, auf diese Art würden sie ihrer Schwächung vorbeugen, und dass er ihnen versichert habe, dass sie, solange sie an diesen Regeln festhielten und sie praktizierten, stark und wohlhabend sein würden und sicher vor Untergang.

Vassakara war erfreut über das, was er hörte und zog selbst die Schlussfolgerung: „Solange die Vajjinas auch nur eines dieser Dinge tun, geschweige denn alle sieben, werden sie stark sein. König Ajatasattu wird sie niemals im Kampf überwinden können. Die einzige Möglichkeit, mit der er diese Leute besiegen kann, ist, einige von ihnen zu bestechen, um Unfrieden in ihre Versammlungen zu tragen.“ Nachdem er diesen Schluss gezogen hatte, erwies er dem Buddha seinen Respekt und kehrte in den Palast zurück.

Für eine Weile versank der Buddha in Nachdenken. Dann wandte er sich an Ananda und bat ihn, alle Mönche, die in dieser Gegend lebten, zu einer Versammlung zusammenzurufen. Er wusste, dass sein eigener Tod nicht mehr weit war, und die Begenung mit Ajatasattus Minister hatte ihn über die Zukunft des Ordens nachdenken lassen. Als die Mönche versammelt waren, setzte sich der Buddha und begann zu sprechen.

„Mönche, ich möchte jetzt um eure ganz besondere Aufmerksamkeit bitten. Ich möchte euch jetzt sieben Dinge lehren, wie diese Gemeinschaft lange erfolgreich wirken kann, ohne zu Verfall zu kommen.

Doch das war noch nicht alles. Der Buddha nannte weitere Bedingungen, wie die Gemeinschaft vor Verfall sicher wäre und in Zukunft weiter prosperieren würde. Je länger er sprach, desto mehr Gedanken stiegen im Buddha auf, während er seiner Sorge über die Zukunft des Ordens Ausdruck verlieh. Er legte Nachdruck darauf, dass sie sich mit ganzem Herzen für die Harmonie und das gemeinsame Leben in der Gemeinschaft einsetzen sollten und einzig den Bestrebungen, das höchste Ziel (Nirvana) zu erreichen, folgen sollten.



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Das Blatt (ficus religiosa) im Hintergrund dieser Seite stammt vom Bodhi-Baum aus Anuraddhapura in Sri Lanka. Dieser ist ein direkter Abkömmling des Baumes, unter dem der Buddha seine Erleuchtung hatte.